Zielvereinbarung ohne Ziel, Grundstücksgeschäft ohne Geschäft
Ein verlässlicher Erfahrungswert besagt: wenn die Presse für eine Veröffentlichung harsch gescholten wird – dann hat jemand ein ganz schlechtes Gewissen.
Der Gemeinderat hat also in mehreren Sitzungen über mehrere Stunden eine Zielvereinbarung mit dem bayerischen Finanzministerium ausgehandelt und beschlossen, hält diese geheim und erklärt dann, nachdem sie doch aufgekommen ist, dass sie völlig wirkungslos sei. Abgeschlossen wurde sie nur, so Bürgermeisterin Elisabeth Ziegler auf Nachfrage, weil „es doch ganz gut ist, wenn man mit dem Freistaat was vereinbart hat“.
Gut, wer das für schlüssig und annehmbar hält, der darf weiter auf die Presse schimpfen.
Wie aber sollte nicht über Wert und Bindungswirkung der Zielvereinbarung zwischen Gemeinde und Freistaat zu einer gemeinsamen Gewerbegebietsentwicklung spekuliert werden, wenn das Papier geheim verhandelt wurde? Der Gemeinderat empört sich jetzt, dass Informationen unklar rüberkommen oder Spekulationen aufkommen - nachdem sich der gleiche Gemeinderat über Wochen bemüht hat, jede Information unter Verschluss zu halten.
Möglicherweise hat das Papier tatsächlich null Wirkung, mag sein – und? Der Hammer ist doch, dass es überhaupt in der Welt ist!
Dass dieser Deal mit dem Freistaat nichtöffentlich ausgehandelt wurde, dafür wird sich scheinheilig auf den grundsätzlich nichtöffentlichen Charakter von Grundstücksgeschäften berufen. Nur – wo ist hier ein Geschäft?
Vereinbart wurde zwischen zwei öffentlichen Institutionen die Ausweisung eines Gewerbegebiets. Nach dieser Logik hätte die Ausweisung an der Hirschplanalle als Neubaugebiet auch nichtöffentlich beschlossen werden müssen – und der Bau der Kinderkrippe auch, die steht auch auf einem Grundstück.
Die Nichtöffentlichkeit soll private Eigentümer, ihre Besitz- und Finanzverhältnisse und Steuersituation vor der Öffentlichkeit schützen, die das nichts angeht, und vermeiden, dass Spekulanten in laufende Geschäfte einsteigen und sie verderben. Nichts davon ist relevant, wenn eine Kommune und der Staat vereinbaren, landwirtschaftlichen Grund zu Gewerbeflächen umzuwandeln. In der Zielvereinbarung steht ausdrücklich, dass das Gelände gar nicht verkauft oder getauscht werden soll. Wo ist da ein Grundstücksgeschäft, das Geheimhaltungsgebot unterliegt?
SPD und FDP rufen also einen Bürgerentscheid aus, nachdem sie zuvor über Monate die Bürger, die jetzt entscheiden sollten, nicht mal durch’s Schlüsselloch schauen ließen. Mit dem Freistaat wird eine Vereinbarung ausgehandelt, in vollem Bewusstsein, dass sie wertlos ist, weil der Masterplan dahinter ja schon längst vorsieht, dass der Bürger entscheiden soll.
Doch, das ist alles plausibel. Bitte weiter auf die Presse schimpfen!
(hierzu sind Lesermails eingegangen)
12.08.2013 | Ihre Meinung dazu... | nach oben | zurück