'Eine total verdrehte Welt'
Über die Widrigikeiten und Chancen von internationaler Hilfe in Kriegs- und Krisengebieten erzählte Rupert Neudeck, der weitgereiste Gründer der internationalen Hilfsorganisation 'Cap Anamur' und des multinationalen Kulturaustauschprogramms der 'Grünhelme' am Donnerstag vor etwa 40 Besuchern in der Freizeitstätte. Der 67jährige schilderte 'eine total verdrehte Welt', in der es angesichts mancher Schieflage in der Weltpolitik entscheidend sei, weiter anzupacken und ''nicht trübsinnig zu werden'. Anhand selbst erlebter Beispiele berichtete er von einer 'nternationalen Bürokratie als ein großes Hindernis' für effektive Hilfe: 'Manche der sogenannten Hilfen sind Anti-Hilfen.'
Das System staatlicher Unterstützung für Entwicklungsstaaten sei 'im Kalten Krieg versaut worden', als Regimes einzig nach ihrer weltpolitischen Ausrichtung alimentiert worden seien. Nun sei 'eine Änderung an Haupt und Gliedern' in der Entwicklungspolitik notwendig. Statt flächendeckender Entwicklungshilfe 'mit der Gießkanne, wo das Geld dann in den Ritzen versickert', empfahl Neudeck 'eine oder zwei große Beziehungen'. Nur der unmittelbare Kontakt bringe den Erfolg.
In diesem Gedanken sind auch die 'Grünhelme' konzipiert, die internationale Begegnungen von jungen Menschen bei der Arbeit ermöglichen. Konkret geplant ist gerade eine Berufsausbildungsoffensive in Ruanda, wo europäische Jugendliche einige Monate kostenlos in Ruanda arbeiten und so Know-How vermitteln.
Wonöglich könnte dort eine Produktion von Solarmodulen entstehen. Ganz Afrika brauche derartige 'Leuchtfeuer', ermahnte Neudeck, von denen die Signale ausgehen sollten, dass sich auch auf dem Kontinent etwas bewege.
Ansonsten prophezeite er, dass 'wir Afrika in den nächsten Jahren nicht aus den Schlagzeilen bekommen werden'. Immerhin 18 Millionen Menschen seien nach amtlichen Schätzungen auf dem Kontinent auf der Flucht oder auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen unterwegs. Dass die Europäische Union auf diese Umwälzung einzig mit der Intensivierung von Abwehrmaßnahmen reagiere, sei 'verderblich dumm', klagte Neudeck (auf dem Bild mit Deniz Dadli, dem Leiter der Freizeitstätte).
10.11.2006 | Ihre Meinung dazu... | nach oben | zurück