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ORTSGESCHEHEN

Kandidatennominierung: Die demokratische Farce

Nun haben also auch die Grünen ihre Bürgermeisterkandidatin nominiert und damit steht zur Kommunalwahl 2014 eine üppige Auswahl parat: Florian Spirkl (SPD/FDP), Angelika Kühlewein (CSU), Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) und Gabi Hohenberger (Grüne).
Und auch wenn vier Kandidaten wahrlich ausreichen - wie kam es eigentlich zu diesen Vieren?
Warum stehen unter 8800 Wahlberechtigten Oberschleißheimern diese vier zur Auswahl?
Wer traf diese Vorauswahl, die ja wohl deutlich entscheidender ist als die tatsächliche Wahl 2014? Im kommenden März werden nur drei aussortiert, die nicht Bürgermeister werden – jetzt wurden stillschweigend 8796 aussortiert.

Nur SPD/FDP und Grüne haben sich diesmal getraut, ihre Nominierungsversammlung öffentlich abzuhalten; CSU und Freie Wähler haben ihre Kandidaten nichtöffentlich gekürt. Da saßen dann also bei der Doppelnominierung SPD/FDP an die 25 Leute beisammen, bei den Grünen 10, bei den Freien Wählern 18 und bei der CSU werden’s nicht viel mehr gewesen sein und trafen diese Vorauswahl: Eine(r) aus 8800.
Was qualifiziert diese 25 Leute der SPD/FDP-Versammlung, diese gravierende Vorauswahl für den Ort zu treffen? Bei den Freien Wählern waren 18 Mitglieder da, die dann darüber entschieden, ob 2014 Christian Kuchlbauer oder Emil Köbele zur Wahl stehen werden. Weil an diesem Abend elf für Kuchlbauer votierten und sieben für Köbele, kann Christian Kuchlbauer nun Oberschleißheimer Bürgermeister werden – und Köbele nicht.
18 haben das entschieden, das sind knapp 0,2 Prozent der Wahlberechtigten. Nimmt man nun jene dazu, die bei den anderen Gruppierungen die Kandidaten nominierten, so kommt man immer noch nicht auf ein Prozent aller Wahlberechtigten, die jene gravierende Vorentscheidung trafen.

Wie demokratisch ist die Auswahl unter vier Kandidaten bei der Bürgermeisterwahl im März, wenn diese vier Kandidaten von weniger als einem Prozent vorausgewählt wurden?

Was legitimiert dieses eine Prozent, das die Vorentscheidung traf? Absolut nichts – außer der Mitgliedschaft in einer politischen Gruppierung. Aber wozu soll das qualifizieren, seinen Jahresbeitrag bei der CSU zu entrichten oder ein Parteibuch der FDP zu führen?
Was ist eine Mitgliedschaft im Ortsverein der SPD mehr wert als eine im TSV oder im Gesangverein? Wieso also nominiert der FC Phönix keinen Bürgermeisterkandidaten oder die Nachbarschaftshilfe? Diese Gruppierungen wären im Gegenteil deutlich stärker legitimiert, zählen sie doch jeweils ein vielfaches an Mitgliedern gegenüber jeglicher politischer Gruppierung.

Es ist auf Bundes- und Landesebene wahrscheinlich umumgänglich, dass eine Vorauswahl der Kandidaten über registrierte Parteien organisiert wird. Auf kommunalem Niveau dagegen ist es grotesk – und in der Konsequenz zutiefst undemokratisch. Wir haben uns nur gewöhnt an diese Parteiendiktatur und von den Parteien selbst wird sie logischerweise nicht in Frage gestellt - aber das macht sie nicht besser.

In der Großen Kreisstadt Freising haben die politischen Parteien bei ihrer jüngsten Vorauswahl zum Oberbürgermeister den Kandidaten ignoriert, den ausweislich des späteren Wahlergebnisses dann die meisten Freisinger haben wollten. In der Nominierungsversammlung seiner Partei war er unterlegen; mit einer gehörigen Portion Chuzpe organisierte er spontan eine eigene Unterstützerliste, kandidierte gegen seine Partei – und wurde gegen sechs vorausgewählte Bewerber zum Oberbürgermeister gewählt.
Wie viele talentierte, bestens geeignete Kandidaten werden schon untergegangen sein, weil sie nicht nominiert wurden? Weil sie nicht Gnade fanden vor den 0,2 Prozent der Wähler, denen die entscheidende Vorauswahl oblag, durch nichts qualifziert, durch nichts legitimiert.

Die Bürokratiemonster, die bei diesen Nominierungsversammlungen penibel abgearbeitet werden müssen, sind die reine Farce. Da muss mit dreifach abgesicherten Verifizierungen beglaubigt werden, dass von den zehn Grünen zehn für Hohenberger gestimmt haben (Überraschung, Überraschung!) – und das verdeckt völlig, wie beliebig diese zehn sind und wie voraussetzungslos ihre Vorauswahl, die dann 8800 bindet.

Wenn die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen zur Belanglosigkeit tendiert, dann ist unter vielfältigen Gründen dies sicher einer davon: es wird immer häufiger vorkommen, dass gerade dem interessierten Wähler keiner der vorausgewählten Bewerber zusagt – wie nicht zuletzt das Beispiel Freising zeigt. Die Auswahlmöglichkeit bei der Bürgermeisterwahl ist auf 0,04 Prozent der Wahlberechtigten reduziert. Es ist nicht zwangsweise wahrscheinlich, dass exakt diese 0,04 Prozent von allen als erste Wahl angesehen werden.

Wie sieht es in Oberschleißheim aus? Gibt es hier jemand, die/den Sie lieber als Bürgermeisterkandidaten sähen als die vier von den Parteien nominierten? Die schleissheimer-zeitung.de stellt zur Diskussion: wünscht Oberschleißheim einen Bürgermeisterkandidaten, den die Parteien nicht auf ihrer Mitgliederliste haben? Mailen Sie an buergermeisterwahl@schleissheimer-zeitung.de

(hierzu sind Lesermails eingegangen)


27.10.2013    |    Ihre Meinung dazu...    |    nach oben    |    zurück

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